Christlicher Tendenzbetrieb

Jörg Halbe, LL.M. oec.

Nach der Legaldefinition des § 118 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) versteht man unter einem Tendenzbetrieb, u.a. einen Betrieb, der unmittelbar und überwiegend politischen, konfessionellen oder karitativen Bestimmungen dient. Ein geradezu klassischer christlicher Tendenzbetrieb ist beispielsweise der katholische Kindergarten.

Grundsätzlich findet der allgemeine und besondere Kündigungsschutz auch auf die in Tendenzbetrieben beschäftigen Arbeitnehmer Anwendung. Allerdings bestehen Besonderheiten insoweit, als dass eine personen- oder verhaltensbedingte ordentliche und gegebenenfalls gar außerordentliche Kündigung in Abweichung von dem ansonsten stets zu beachtenden Diskrimierungsverbot gerechtfertigt sein kann, wenn der von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer der Tendenz, die man vereinfacht auch als Weltanschauung bezeichnen könnte, nachhaltig zuwiderhandelt. Selbst außerdienstliche Verhaltensweisen, die mit der Weltanschauung des Tendenzbetriebs nicht vereinbar sind, können die Kündigung rechtfertigen.

So haben z.B. nach der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ nichtkatholische Arbeitnehmer in katholischen Tendenzbetrieben die „Wahrheiten und Werte des Evangeliums“ zu achten, katholische Arbeitnehmer in katholischen Tendenzbetrieben die „Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre“ anzuerkennen und zu beachten. Für die Kündigung aus kirchenspezifischen Gründen gelten als schwerwiegende Loyalitätsverstöße insbesondere der Kirchenaustritt, öffentliches Eintreten gegen tragende Grundsätze der katholischen Kirche oder schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlungen.

Ein absoluter Kündigungsgrund wird damit den Kirchen allerdings nicht eingeräumt. Die Unwirksamkeit einer hierauf gestützten Kündigung kann sich etwa aus der Möglichkeit einer als milderes Mittel zur Verfügung stehenden Abmahnung oder der möglichen Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ergeben. In diesem Fall ist eine auf einen vorgeblichen Loyalitätsverstoß gestützte Kündigung unter dem Gesichtspunkt der ultima ratio unwirksam. Es empfiehlt sich die Erhebung einer Kündigungsschutzklage.


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